Kraftfahrzeug-Elektromechaniker

Beschäftigte (M/W)

Männlich & Weiblich

Ausbildungsdauer (Monate)

30

Schulabschluss (Klassen)

10

Vertragsarbeiter aus Mosambik in einem PKW-Wartburg bei der Endmontage in Eisenach, 1990, DDR Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Uwe Gerig

Eigenschaften des Berufes

Kreativität

Kommunikation

Bewegung

Soziales

Gehalt

Politik

Gewusst wie!

Luxusgüter, und dazu gehörte auch das Auto, waren in der DDR Mangelware. Gut 15 Jahre hieß es auf das bestellte Auto aus DDR-Produktion zu warten. War man dann stolz im Besitz eines Trabant oder gar eines Wartburg, wurde viel Mühe und Geld in den Erhalt des Fahrzeugs gesteckt. Schließlich war man mit dem eigenen Auto mobil und genoss so ein Stück persönliche Freiheit. Da war es Gold wert, einen guten Kraftfahrzeug(Kfz)-Mechaniker zu kennen. Das war ein krisensicherer Beruf mit guten Zusatzeinnahmen in der Freizeit. Heute ist dieser Beruf mit dem des Kfz-Mechatronikers vergleichbar, welcher 2021 der Top 1-Ausbildungsberuf der Bundesrepublik Deutschland war.

„Der Trabant war die Auto gewordene Verachtung der DDR-Obrigkeit gegenüber ihrem Staatsvolk.“  


Thomas Brussig, Schriftsteller  

Alltag in der DDR. Wartung und Reparatur von Trabis in einer Werkstatt, 1979, DDR, Quelle: © IMAGO / Frinke

Kriterien des Berufs

Einstellungsvoraussetzungen

Als zukünftiger Kraftfahrzeug-Elektromechaniker sollte man die Fähigkeit besitzen, über längere Zeiträume aufmerksam und konzentriert zu arbeiten. Geduld sowie geistige Beweglichkeit und Entscheidungsfreudigkeit waren gefragt. Des Weiteren brauchte man eine gute körperliche Konstitution, ein gutes Hörvermögen und man sollte witterungsunempfindlich sein, da einige Arbeiten auch im Freien stattfanden. Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungssystems, allergische Hautkrankheiten, nicht ausreichend korrigierbare Sehstörungen und Farbuntüchtigkeit waren Kriterien, für die Berufsausbildung nicht zugelassen zu werden. Ein Abschluss der 10. Klasse und die Bereitschaft zum Schichtdienst waren erforderlich.

Ausbildung an Maschinen im VEB IFA Automobilwerke Ludwigsfelde. Hier wurden Nutzkraftfahrzeuge wie LKW hergestellt. 1974, DDR
Quelle: © Roger Melis Nachlass   
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Arbeitsfelder

Die Grundaufgabe des Kfz-Elektromechanikers war die Wartung, Instandsetzung und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen aller Art. Dazu gehörte auch das Verbauen elektrischer Anlagen in den Kfz im Allgemeinen. Das Arbeitsfeld war also weitreichend.

In der DDR gab es Kfz-Werkstätten aller Eigentumsformen. Es gab kleinere, teilweise private Betriebe, die vor allem Reparaturen an privaten PKW durchführten, aber auch Werkstätten, die den volkseigenen Betrieben oder der Landwirtschaft angegliedert waren und deren Fuhrparks instand hielten. So gab es Kfz-Elektromechaniker, die Neuwagen – den Wartburg in Eisenach oder den Trabant in Zwickau – mit elektrischen und elektronischen Bauteilen bestückten. Andere wiederum demontierten aus schrottreifen LKW alles, was als Ersatzteil noch zu verwenden war und bereiteten es für die Wiederverwendung auf. Das Installieren und Überholen von Baugruppen, das Austauschen von Einzelteilen und Aggregaten fand vorwiegend in Einzelarbeit statt.   

KFZ-Schlosser beim Reifenwechsel, vermutlich im VEB Fahrzeugwerk Karl-Marx-Stadt, 1985, DDR
Quelle: © Roger Melis Nachlass  
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Aus- und Weiterbildung / Karriere

Die Ausbildung zum Facharbeiter für Kraftfahrzeug-Elektromechanik – es gab ähnliche Berufe wie den Kfz-Schlosser oder den Elektromechaniker – dauerte zweieinhalb Jahre. Man lernte, die benötigten Werkzeuge und Maschinen zu bedienen, von der Hebebühne übers Schweißgerät bis zu den Diagnoseapparaturen. Im Theorieunterricht vertiefte man Grundlagen der Elektrizitätslehre aus der Physik, aus der organischen Chemie und erweiterte sein Wissen in den Bereichen Elektrotechnik und technische Stoffe sowie deren Verwendung.

Im berufspraktischen Unterricht erlernte man die Montage oder Demontage und das Schalten von elektrischen Anlagen sowie Grundfertigkeiten der Metallverarbeitung. Durch die Vermittlung spezieller Fachkenntnisse und die Befähigung zum Messen und Prüfen war man in der Lage, Störungen und Fehlerquellen in der elektrischen Fahrzeuganlage zu orten und ihre Ursachen zu beseitigen.

Darauf aufbauend war eine Spezialisierung auf Tätigkeiten zur Diagnose der elektrischen Anlagen von Kfz, eine Qualifikation für den technischen Überwachungsdienst der Kraftverkehrs- und Kfz-Instandsetzungsbetriebe sowie zum Kundendienstmonteur, zum Meister für Fahrzeugelektrik sowie zum Kfz-Handwerksmeister möglich. Auch ein Fachschulstudium in der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik konnte an die Berufsausbildung angeschlossen werden. Bei Erreichen der Hochschulreife war ein Hochschulstudium zum Ingenieurpädagogen, also zum Ausbilder, denkbar.

Daneben bestand die Option, eine militärische Karriere über die Ausbildung zum Berufsunteroffizier mit Meisterqualifikation oder Berufsoffizier mit Diplom bspw. im Panzerdienst oder bei der Truppenluftabwehr zu machen.

Kfz-Mechaniker konnten Jungen und Mädchen werden. Ganz überwiegend wurde der Beruf aber von Jungen gewählt, wie z.B. im Bezirk Dresden, wo 1981 alle 34 Lehrlingsstellen männlich besetzt waren.   

Schweißen ist ein Teil der Ausbildung im VEB IFA Automobilwerke Ludwigsfelde. Hier wurden Nutzkraftfahrzeuge wie LKW hergestellt. 1974, DDR
Quelle: © Roger Melis Nachlass  
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Gehalt & Bedeutung für die Volkswirtschaft

Die DDR war ein Land mit begrenzten eigenen Rohstoffvorkommen, weshalb gerade in der Kfz-Branche möglichst viele Bestandteile eines Autos repariert und wieder brauchbar gemacht wurden. Auch weil Angebot und Nachfrage bezüglich privater PKW absolut nicht übereinstimmten – die Wartezeit von 10 bis 15 Jahren auf ein neues Auto war Normalität – brauchte die Volkswirtschaft genug Personal, um Autos zu produzieren und zu reparieren. Im DDR-Sprachduktus wurde der Kfz-Elektromechaniker so beschrieben: „Durch Ihre verantwortungsbewusste Arbeit tragen Sie wesentlich dazu bei, die Verkehrs- und Betriebssicherheit von Kraftfahrzeugen zu gewährleisten und damit die Zahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren.“ Der Hauptgrund für die Beliebtheit dieses Berufes in der DDR war jedoch der, dass man sich in seiner Freizeit und mit seinem Können durch die Reparatur von Fahrzeugen ein ordentliches Zubrot verdienen konnte. Wenn man nicht mit Bargeld bezahlt wurde, dann vielleicht mit Baustoffen für das Eigenheim, mit Lebens- und Genussmitteln oder auch mal mit Westgeld. Diese Tätigkeit hatte somit auf dem Schwarzmarkt einen festen Platz.

Obwohl im eigenen Land ein erheblicher Fahrzeugmangel herrschte, exportierte die DDR Fahrzeuge in die ČSSR, nach Ungarn und Polen.

Da Ende der 1970er Jahre von der Politik beschlossen wurde, aus finanziellen Gründen fast die gesamte Forschung und Weiterentwicklung an der eigenen Autoproduktion einzustellen, waren die DDR-Automarken in den 1980er Jahren schon veraltet.  

PKW Wartburg bei der Endmontage im VEB Automobilwerk Eisenach, 1979?, DDR
Quelle: ©Bundesstiftung Aufarbeitung / Uwe Gerig    
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Transformation

Mit dem Zusammenbruch der DDR änderten sich auch die Ansprüche an die Fähigkeiten eines Kfz-Elektromechanikers. Da die DDR-Bevölkerung nun nicht mehr auf DDR-Autos angewiesen war und westliche Automobilhersteller und Gebrauchtwagenhändler das kleine Land mit begehrten Fahrzeugen überschwemmten, musste sich der „Kfz-Mechaniker des Vertrauens“ schnell mit den Besonderheiten und Bauweisen der Importe anfreunden, um diese reparieren oder warten zu können. Nun war Umdenken im Umgang mit den Kunden gefragt. 220.000 Gewerbegenehmigungen in allen Bereichen gab es 1990 in der DDR. Schwierig war auch die Gesetzeslage in Bezug auf Grund und Boden, wenn man vielleicht eine eigene Werkstatt eröffnen wollte. Schnell kamen auch die Hersteller elektrischer und elektronischer Teile mit eigener Belegschaft in die DDR und eröffneten einen Standort, um Service anbieten zu können. Die Firma Bosch war 1990 der erste Anbieter auf ostdeutschem Boden. Nach der Wiedervereinigung bestimmten auch in der Automobilbranche wirtschaftliche Faktoren, ob ein Betrieb pleite ging, an einen westlichen Konkurrenten verkauft wurde oder vielleicht sogar expandierte. Die Angestellten wurden dann entweder übernommen oder mussten eine neue Arbeitsstelle finden.  

Zur „Seite geschobener“ Unfall-Trabant auf dem damals noch nicht begrenzten Mittelstreifen der DDR-Autobahn in Thüringen, 1990
Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Uwe Gerig   
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Extra 1

Berufskraftfahrer fahren Personal in den Westen

Aus Mangel an Aluminium, Stahl und Eisen, die in anderen wirtschaftlichen Sektoren dringend benö- tigt wurden, entwickelten Ingenieure Ende der 1950er Jahren einen Kleinwagen, dessen Karosserie aus Plastik bestand – aus Duroplast, einem Verbundstoff aus Harz und Baumwolltuch, der erwärmt und in Form gegossen wurde und nach dem Aushärten seine Form nicht mehr verändern konnte. Er galt als erschwinglich, robust und laut, ein Pkw mit Zweitaktmotor, der wegen besonders umweltbelastender Abgase immer stärker in Verruf geriet.

Da die Staatsführung der DDR der Weiterentwicklung dieses Autos keine Priorität zumaß, wurden neue Modelle politisch verhindert oder gestoppt, so dass der Trabant nur im Detail weiterentwickelt werden konnte und immer weiter hinter internationalen Entwicklungen im Automobilbau zurückblieb. Ein zusätzliches Problem war, dass die produzierten Stückzahlen deutlich zu gering waren, sodass einerseits die Nachfrage nicht gedeckt werden konnte und andererseits die Investitionskosten in Maschinen und Anlagen zur Produktion des Fahrzeugs nur sehr langsam gedeckt werden konnten, was die Weiterentwicklung des Fahrzeugs zusätzlich hemmte.

Umgangssprachlich wurde er „Rennpappe“, „überdachte Zündkerze“ oder „Gehhilfe“ genannt. Ein gängiger Witz war: „Wie verdoppelt man den Wert eines Trabis? – Indem man ihn volltankt.“

Am 30.April 1991 rollte das 3.069.099te und damit letzte Exemplar vom Band des VEB Sachsenring Zwickau.   

Vor der Währungsunion. Der VEB Sachsenring Zwickau versucht, die Menge der nun rumstehenden Zweitakter durch den direkten Abverkauf zu minimieren. Zum Schnäppchenpreis von 3.700 Mark für das Modell 601 finden sich täglich über 150 Kunden für das umweltfeindliche Fahrzeug. Zwickau, 26.06.1990, DDR
Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Klaus Mehner   
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Extra 2

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Noch mehr Informationen

Alle Quellen zum Beruf sowie eine ausführlichere Beschreibung findet Ihr hier in diesem PDF.
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Spannendes aus der DDR BOX